Bundestag online
/ Ausschuss für Arbeit und Soziales am 21.02.2008.
Der Bundestag hat am 21.02.2008
den
Gesetzentwurf zur Änderung des Arbeits- und
des Sozialgerichtsgesetzes verabschiedet.
Hiernach sollen die sozialgerichtlichen
Verfahren gestrafft und die Sozial- und
Arbeitsgerichte entlastet werden. Der Entwurf
sieht insbesondere eine Verschärfung der
inhaltlichen und zeitlichen Anforderungen für
die Prozessbeteiligten und die Einführung von
Musterprozessen beim Sozialgericht vor.
Hintergrund des Gesetzentwurfs ist die Zunahme
von Klagen und die Überlastung der
Sozialgerichte im Zuge von Hartz IV.
I)
Entlastung der Arbeitsgerichte
1.
Geplant ist, einen neuen
Gerichtsstand des Arbeitsorts einzuführen. Arbeitnehmer
sollen künftig auch in dem Gerichtsbezirk klagen können,
in dem sie gewöhnlich arbeiten. Dies soll vor allem
Arbeitnehmern zu Gute kommen, die im Außendienst tätig
sind.
2.
Das Verfahren soll durch
eine Erweiterung der Alleinentscheidungsbefugnis des
Kammer-Vorsitzenden beschleunigt werden. Dieser soll bei
der Verwerfung eines unzulässigen Einspruchs gegen ein
Versäumnisurteil, der Verwerfung einer unzulässigen
Berufung oder Beschwerde und gesonderten Entscheidungen
über die Gerichtskosten grundsätzlich ohne Beteiligung
der ehrenamtlichen Richter entscheiden können.
3.
Über die nachträgliche
Zulassung einer Kündigungsschutzklage soll nicht mehr in
einem separaten Verfahren, sondern in Verbindung mit dem
Kündigungsschutzprozess entschieden werden.
II) Entlastung der Sozialgerichte
1. Die inhaltlichen
und zeitlichen Anforderungen an die Mitwirkung der
Prozessbeteiligten sollen verschärft werden. Eine
Klage soll als zurückgenommen gelten, wenn der
Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts
länger als drei Monate nicht betreibt.
2. Richter sollen im
Rahmen ihrer Aufklärungspflicht nicht nur auf die
drohende Verfahrenserledigung hinweisen müssen,
sondern auch auf die sich gegebenenfalls ergebenden
Kosten.
3. Bei mehr als 20
Verfahren, die die gleiche behördliche Maßnahme
betreffen, sollen die Sozialgerichte das Verfahren
aussetzen und einen Musterprozess durchführen
dürfen. Über die einzelnen Verfahren kann dann durch
Beschluss entschieden werden, wenn es keine
wesentlichen Unterschiede zum Musterprozess gibt.
4. Für
Landessozialgerichte (LSG) soll eine
erstinstanzliche Zuständigkeit für Verfahren
eingeführt werden, die übergeordnete Bedeutung haben
und in denen die Sozialgerichte keine endgültige
streitschlichtende Instanz darstellen. Daneben
werden auch Streitigkeiten, die Landes- und
Bundesverbände von Sozialversicherungsträgern, den
Kassenärztlichen Vereinigungen und ihren
Bundesvereinigungen betreffen, in erster Instanz den
Landessozialgerichten zugewiesen.
5. Berufungen sollen
künftig grundsätzlich nur noch eingelegt werden
können, wenn der Streitwert mindestens 750 Euro
(bisher 500 Euro) beträgt. Bei
Erstattungsstreitigkeiten zwischen juristischen
Personen ist eine Anhebung der Berufungssumme von
5.000 auf 10.000 Euro geplant.
6. Die
Sozialleistungsträger sollen bei so genannten
„Massenwidersprüchen“ ihre Entscheidungen im Wege
der öffentlichen Bekanntmachung bekannt geben
dürfen.
III) Die vom Bundesrat geforderte
Zusammenführung der Gerichte der Verwaltungs-
und Sozialgerichtsbarkeit lehnten Union und SPD
ab.